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Buenos Aires - die ersten Tage
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Doris Offline
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Beitrag #1
Buenos Aires - die ersten Tage
   

Donnerstag, 04, Oktober 2012

Endlich geht es los!
Der Abschied fällt schwer.
Immerhin wird es eine Reise, auf der ich viel Neues, Unbekanntes erfahren werde.
Ein Jahr weit weg von der Familie.

Schneller als gedacht bin ich im Wartebereich.
Warten – damit werde ich in den nächsten zwei Tagen viel Zeit verbringen.
Über Ottawa (hier bekomme ich einen ersten Eindruck vom Indian Summer mit seiner Farbenpracht)
Toronto (das größer ist als ich erwartet habe, ein Lichtermeer erstreckt sich bis zum Horizont)
Santiago de Chile (hier sehe ich zum ersten Mal die Anden – WOW!)
endlich nach Buenos Aires.

Im Kopf ein Worst-Case-Szenario, dass mich immer wieder beschäftigt: Was ist, wenn mein Gepäck
Nicht da ist? In der Tasche ist die Reiseapotheke, Kopien der wichtigst]en Dokumente,der Camel-Bak? Vielleicht hätte ich anders packen sollen?

Und dann rollt meine gelbe Ortlieb-Rolle übers Gepäckband. Alles ist gut!
Das Gepäck wird noch einmal durchleuchtet – zum wievielten Mal auf diesem Trip?
Was ich denn mit dem Klappspaten will, möchte der Mann am Band wissen. Ich erklär
Motorradreise, Camping...er nickt verständnisvoll und ich bin durch. Kriege noch den Einreisestempel in den Pass und dann bin ich wirklich in Argentinien.

Draußen wartet der Mann vom Transfer-Service. Da kriegt frau gleich weiche Knie: Sieht der gut aus!
Alles ist…nein, nicht gut….besser!

Nach über 30 Stunden will ich nur noch duschen und SCHLAFEN.

Die ART FACTORY, das Hostal, in dem ich die nächsten Tage wohnen werde, liegt mitten in
San Telmo, dem alten Stadtteil. Die Häuser erinnern an Städte am Mittelmeer. Balkone mit schmiedeeisernen Gittern, Blumen…wären sie nicht so düster, ja, schmutzig grau. Die Gehwege
voller Löcher...
San Telmo hat schon bessere Tage gesehen.
Das Hostal, verwinkelt, originell, voller Graffitis, bunt wie auch seine Gäste.
Europäer, Australier, Amerikaner…Reisende treffen sich hier.

   

Samstag, 06.Oktober 2012

Der erste Erkundungsgang durch die Stadt. Die meisten Sehenswürdigkeiten sind schnell
zu Fuß erreicht.
Buenos Aires hat einen morbiden Charme. Verfall und alte Pracht liegen eng beieinander.
Dazwischen moderne Glaspaläste. Was für krasse Gegensätze!
Ich schlendere durch die Fußgängerzone.
Alle paar Meter murmelt jemand: Gambio! US-Dolares! Euros! Gambio!
Lieber nicht, da vertrau ich doch besser den offiziellen Banken.
Und davon gibt es hier nicht wenige!

Schneller als gedacht erreiche ich die Plaza de Mayo. Spruchbänder und Plakate mit Protestaufrufen
auf der einen Seite, Polizei auf der anderen, mittendrin Touristen, Familien, Tauben, Händler, die Taubenfutter verkaufen und Händler, die gebrannte Mandeln und andere Leckereien verkaufen.

   

Die Casa Rosada, den Präsidentenpalast am unteren Ende der Plaza heb ich mir für die nächsten Tage auf. An der anderen Seite des Platzes: die Kathedrale. Unscheinbar von außen, geduckt unter den Glasfassaden der Nachbarhäuser, die Säulen am Portal lassen sie eher wie ein Theater erscheinen.
Irgendwie ist sie innen viel größer. Eindrucksvoll aber nicht protzig. Mit schönem Mosaikfußboden und einem beeindruckenden Barockaltar. In einer der zahlreichen Seitenkapellen der Sarg von
José de San Martin. Geschmückt mit der argentinischen Flagge und bewacht von zwei Parade-Soldaten. Eng war die Verknüpfung von Staat und Kirche!

   

Müde komm ich ins Hostal zurück. Heut ist nix mehr mit Tango!


Sonntag, 07. Oktober 2012

Um 6.00 Uhr werde ich wach. Und kann nicht mehr einschlafen. Gut, geh ich eben frühstücken. Das Frühstück ist landestypisch. Weißbrot, Marmelade und eine undefinierbare braune Masse. Zu hell für Nutella, zäh und klebrig. Dulce de leche, eine Spezialität, wie ich später erfahre. Dicke Karamelcreme, die Freude eines jeden Zahnarztes. Aber ich brauch eh nur einen Kaffee zu Wachwerden. Dafür ergeben sich wieder schöne Gespräche. Man tauscht sich aus: woher, wohin, wie lange unterwegs…

Der berühmte Markt von San Telmo steht heute auf dem Plan. Ich liebe Flohmärkte. Wahnsinn, was alles angeboten wird: Kunsthandwerk, Schmuck, Lederwaren, Altes, Grellbuntes, Gestricktes, grellbuntes Gestricktes, alte Telefone, noch ältere Grammophone, Tafelsilber und das passende Porzellan…Dazwischen fliegende Händler, die Mate anbieten. Oder Kaffee. Kaffee aus Bolivien, tönt es von der einen Seite, Kaffee de Brasil von der anderen…Musiker, Pantomimen und und und. Ich kann mich gar nicht sattsehen, lass mich treiben und steh wieder an der Plaza de Mayo.

   

Kontrastprogramm: Ich bummel entlang der Promenade am Puerto Madero. Das alte Hafenviertel hat sich herausgeputzt. Schicke Restaurants und noch schickere Lofts. Auf der anderen Seite des Hafenbeckens wachsen eleganteWolkenkratzer in den Himme. Die Puenta de las mujeres, eine Fußgängerbrücke überspannt in einem leichten Bogen das Becken und verbindet alt und neu.

Dann tauch ich noch einmal ein in das Marktgetümmel. Leider spielt das Wetter nicht mit, vieles ist unter Planen geschützt. Ich besichtige die Markthallen. Ein buntes Sammelsurium. Kleidung, alt und neu, Schuhe, Obst und Gemüse, Straßenmusiker, Räucherstäbchen…Ich könnte noch stundenlang schauen, aber ein heftiges Grummeln aus meinem Inneren läßt mich auf schnellstem Weg die Herberge aufsuchen. Den Tag beschließe ich lesend. Der Tango findet auch heute ohne mich statt.

Montag, 08.Oktober 2012

Heute will ich zum Versicherungsbüro. Ich wundere mich: es ist wenig Verkehr, obwohl später Vormittag sind viele Geschäfte und Cafes geschlossen. Ich finde das Gebäude, in dem das Versicherungsbüro untergebracht ist. Namen stehen hier keine an der Tür. Nur eine Klingel, die ich betätige. Der (muß ich es erwähnen: gutaussehende) Mann vom Sicherheitsdienst öffnet. Ja, ich bin hier richtig, aber es ist niemand da. Heut ist Feiertag. Davon stand nichts in meinem Reiseführer.
Na, dann komm ich eben morgen wieder. Laufe noch mal durch die Fußgängerzone Mittendrin: die Galeria Pacifico. Ein Konsumtempel vom Feinsten. Hier Nobelgeschäfte, draussen kleine Läden mit Schildern :“Liquidation total“. Ich ignoriere: Gambio, US-Dolares, Euros, Gambio! Und diverse Werbezettel: Für Ausflüge, für Rabatte, für Sex-Shops und komme zur Plaza San Martin, ein parkähnlicher Platz mit wunderschönen alten Bäumen. Wie viele Leute braucht man wohl, um diesen riesigen Ombú-Baum zu umspannen? Was der wohl alles erzählen könnte? Ein paar Schritte weiter das Denkmal für die Gefallenen der Malvinas-Krieges (Falkland-Inseln sollte man hier tunlichst nicht sagen)So viele Namen…
Die Füße tun weh, ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viel gelaufen bin. Gegenüber der Herberge ist ein kleines Restaurant. Dahin will ich zum Abendessen.
Als ich Hunger kriege, hat es schon geschlossen. Also schnell noch im Supermarkt nach was Eßbarem geschaut. Es gibt Gouda und spanischen Schinken, Nescafe und mindestens 100 Sorten Tomatensoße. Keine Ravioli oder andere Fertiggerichte. Also Brot von der Bäckerei gegenüber, ein bißchen Obst und Schokolade. Die macht glücklich.

Ach ja, Tango laß ich heut abend auch besser sein…

Danke fürs Lesen

Grüße von weit weit weg

Doris
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.10.2012 00:04 von Doris.)
09.10.2012 00:02
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